Mittwoch, 12. September 2012

Sequenz ... mit Heuduft

Gestern saß die Nacht auf dem Fensterbrett und sah mich an. Sah mich an mit denselben Augen, aus denen Pühschimühschie mich anschaut, wenn sie dort sitzt und hereingelassen werden möchte: Großes, dunkles Verlieren mit einem dünnen Ring aus Bernstein. Das Fenster stand bereits verloren mit nur einem ausgebreiteten Flügel, doch die Nacht schlüpfte nicht hindurch, wie Pühschimühschie das macht. Sie blieb auf der Fensterbank hocken, sah mich an und duftete nach Heu. Wahrscheinlich traute sie sich nicht ins bläuliche Flimmern des Monitors. Ich selbst saß nur da, schaute durch die Nacht, den Flügel des Fensters mit dem Spiegelbild eines Mannes darin. Von außen kam kühle Luft herein, der Duft des Heus, schließlich kam Pühschimühschie. Schlüpfte mi-uuu! durchs Fenster, sprang auf den Schreibtisch und purrte ihr nach Heu duftendes Köpfchen an meine Nase. Gestern saß die Nacht auf dem Fensterbrett, sah mich an. Als ich blinzelte, war Heute und Morgen.



Ludwig Janssen © 12.6.2010

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