Manchmal schließe ich die Augen, weil ich sehe, was ich nicht hindern kann
und doch sah. Als alles ruhig
und Zeit genug, waren sie Offenheit
und sahen nichts. Nichts sehen, weil Erkennen traurig, stimmt man es wie ein Instrument, Kammerton Auge. Moll klingt es mir
vertraut, erkenne ich
mit geschlossenen Augen. Nicht hindern will ich
den Bildern. Vor ihrer Zeit
kommen sie. Sehen sie sich an
hinter dem bunten Netz
schlafend ihre Bestimmung, flüstern sie andächtig
vor Ahnung. Nicht Wissen. Was geschehen wird, lässt mich allein, Inneraugen Blau fließt
aus meinem Herzen.
Springvogel
Lyrische Prosa, lyrische Klangwelten, Slamtexte, Piktolyrik, Lyrik - das Wort, Sphüngs, Zirkelschneck und andere freischwurbelnde Absonderlichkeiten, grenz-
und kopfüber ...
Dienstag, 18. Oktober 2022
Leise Sichtweise
Mittwoch, 5. Oktober 2022
kakopos lied
nacht
viertel vier
blau
ist mein sinn
mond
überm land
schein
weltenlos
traum
wo ich bin
zeit
ist kein raum
Der Deudre
Der Deudre (Deutscher Dreizeiler) ist ein eigenartiger Kauz. Er greift die Inspiration, die die fernöstliche Kurzlyrik in Form des Haiku, Senryu und seiner Anverwandschaft in den Kulturkreis seiner Anhänger weht, auf und setzt sie im Rahmen der jahrhundertelang gewachsenen Tradition und Kultur des Lebensraumes Deutschland um.
Nun ist das Deu des Deudre kein nationales, ausgrenzendes, sondern ein
umschreibendes, auf die Sprache Deutsch in ihrer Vielfältigkeit und Geschichte bezogenes.
Der Deudre hängt der Internationalen nach und strebt beständig nach
Verbrüderung mit anderen Sprachen.
Somit verbindet er selbstbewussten bayerischen Liberalismus mit dem
„jönnekönne“ des Rheinländers, dem preußischen Hang zur Disziplin und
norddeutsche Schweigsamkeit.
Man darf ihn auch gerne „die“ oder „das“ nennen und ein Plural-„s“ anhängen,
weil dies auch den LKW so geschieht im Land der Dichter und Denker.
Dem Land der Dichter und Denker fühlt sich der Deudre insofern verpflichtet,
dass er möglichst beide Elemente in sich vereinigt. So darf er auch über
genügend Dichte verfügen, die zum Denken anregt, sofern er genügend durchdacht
ist, Gedachtes und Beobachtetes zu verdichten.
Die Regeln des Deudre:
- Ein
Deudre sollte sich auf drei Zeilen beschränken und eine Silbenzahl von 17
nicht überschreiten. Das Schema 5-7-5 gilt als Anhaltspunkt. Soweit der
fernöstliche Einfluss und die Tradition.
- Die
Silbenzahl 17 und somit die freiwillige Beschränkung des Deudre-Anhängers
zur Komprimierung einer Beobachtung, eines Gedankens, ist eine
Höchstgrenze, die den Deudre vom „freien Dreizeiler“ unterscheidet (soweit
zu Preußen).
Entsprechend dem Können des Verfassers und der Verständlichkeit der Aussage darf, ja sollte die Silbenanzahl unterschritten werden, wenn dies möglich ist.
Das norddeutsche moin-moin als großer Wurf des Norddeutschen aus der Einsilbigkeit ist hier ein willkommener Anlauf in die Quasselei und bedarf nur einer winzigen ausschweifenden dritten Zeile, z.B. „du“, ebenso wie das vergleichbar geschwätzige Tri tra trullala problemlos auf drei Zeilen zu brechen ist und zum nächsten Punkt führt:
- Ein
Deudre darf durchs Gedichticht metaphern, dass es nur so schplatattert, von Innerwelten erzählen, resümieren und
kommentieren, soviel er mag und wie es (seiner Kürze) zumutbar ist. Ebenso
dürfen sich in ihm Heukühe, Supermännchen und andere Spaßvögel tummeln,
ohne dass es einer weiteren Kategorisierung bedarf. Wortwiederholungen,
die als Stilmittel eingesetzt werden, sind willkommen ebenso wie Über- und
Unterschriften. (Soweit zum Rheinland und zu Bayern)
- Der
Deudre (er kann auch eine „sie“ sein) braucht sich von nichts und niemand
was sagen zu lassen, solange er was (aus) zu sagen hat. Aber er darf. (Soweit
zu Bayern)
- Der
Deudre kennt keine Meister. Seine Anhänger sind auf Wanderschaft. Doch
erkennt er Freunde. Mit seinem großen Herzen nimmt er all jene „Ruinen“
auf, die von Meistern und Büchern aus Haikuland oder Senryunien vertrieben
wurden und gibt ihnen eine liberale Heimat, sofern Punkt 4 einigermaßen
erfüllt ist.
Ebenso schämt er sich seiner nicht. Zwischen Haiku und Senryu gestellt, lächelt er die Meister fremder Gedichtarten an, weiß er doch um seine Heimat. Netterweise sollte er sich ein Ruinencape umhängen.
- Besonders
gern mag es der Deudre im Sinne der Verbrüderung bzw. Verschwesterung,
wenn seine Aussage bzw. seine letzte Zeile von einem anderen Deudre
aufgegriffen, fortgesetzt und/oder kommentiert wird. Dies ist dann eine so
genannte „Polonaise d’eudre“.
Ebenso liebt er es, sich zu spiegeln, zu trichtern oder dreischichtig daherzukommen. Extremsportarten wie das XLdeudring 10/14/10 stehen offen, sind aber auch ein Hinterausgang in den freien Dreizeiler.
- Das
Anhängen weiterer Zeilen sollte der Bekömmlichkeit des Deudre zuträglich
sein.
So öffnet er sich auch den Geschwistern Tanka und dem Rengha, indem er sie freundlich an seinen gastfreundlichen Tisch bittet und zusätzliche 14 Silben in zwei Zeilen aufdeckt.
Ebenso behält der Deudre sich vor, auf eine dritte Zeile zu verzichten.
Denn warum sollte man einen Norddeutschen durch irgendwelche Regeln dazu nötigen, gegen seine innere Natur zu handeln?
Montag, 26. September 2022
Don Q und die Kunst der Windstille
schon weise bleibt der dürre Ritter
ein Reiter auch mit kleinem Bauch
von Träumen äußerlich nur matt
aus seinem Innern ist ein Schillern
und Rosinante frisst sich satt
am Heu von Dulzineens Weiden auch
noch Kräuterduft von Magenbitter
die Lanze steckt im Bohnenbeet
an ihr ranken sich Geschichten
und er, der Alte, spielt die Flöte
aus Riesenknochen, Morgenröte
fließt aus Atem in ein Dichten
das dem Wind entgegen weht
es ist das Stille zwischen Tönen
fügt sich leiser Spur zum Liede
dem Wind zu Horizont und Ruh'
so wird der still auch und hört zu
Mühlenflügeln, welche Schwingen
gleich sich senken - wenn die Luft
nicht tragen mag und lauscht
dem Liede einer kleinen Flöte
aus toten Riesen, Morgenröte
im Denken eines weisen Mannes
bess're Wehr als Schwert und Lanze
Mühlen? reimloses Lächeln!
Sonntag, 25. September 2022
reisen
ich hoffe
dass es kein kreis ist
in dem es uns treibt
um und um
der sich schließt
unendlich bleibt
und doch nur punkt
für punkt
dass es eine reise
ist
wie kreise
in stillem wasser
heim
im und zum
verfasser
des wortes hoffe ich
mir die welle
zur schwelle
zur stufe
mich dem rufe
folgend
in diesem bild
hoffe ich mich
und mein reisen
aufgehoben
Was Möwen sich wünschen
ein Gedicht nieder
löschte es wieder
klamm mein Gefieder
sang ich doch nicht
der Möwen Lieder, doch
den Möwen Lieder vom
Fliegen, hörte sie lachen
sah sie Sachen machen
hoch oben ihr Spiel
treiben im Wind, froh
so Möwe zu sein und zu
bleiben wünschten sie
vor meinem inneren Kind
kreischten und flatsch!
(Wie Möwen halt sind.)
Montag, 19. September 2022
Zwei durch die Nacht
in durchwachten Stunden, die sich breit ergießen
stillen Wassern gleich, die noch von Nachtblau monden
kühl in ungestörter Wandlung heimwärts fließen
nimmt uns Beizeitenströmung in das nächste Tag
für Tag und dessen ruheloses Sorgen um
schweigt und wartet auf der Dauer, die dem Wehen
eines Windhauchs zusteht, auf den Morgen, Mensch nun
und bereit, in jeden neuen Tag zu gehen
bis ans Ende, weiter noch und alles Tagen
sind wir nur Drehen, still, mit einem blauen Ball
bis mein Atem endet einst will ich dich tragen
treibt es uns um und um nur einen Stern im All
dunkelblaue Stunden lang mit Mondschein fließen
stillen Wassern gleich, in denen Sterne wohnen
dann in jähem Fall sich in das Morgen gießen
den Sonnenstrahlen lächelnd und dem neuen Tag
Montag, 12. September 2022
schnüren
schnüren ...
... irgendwann macht man sich auf und sucht, warum auch immer. fragen gibt es nicht, der schnee ist frisch, leises
knurspeln unter den sohlen das einzige geräusch. blauer vollmond - die sonne scheint. dann stößt man auf eine spur
und hält ein inne.
fest - und es zerfällt. da ist noch mehr. verwittert, so flüstert ein datum. frisch, raunt ein blinder seefahrer.
schnüren ...
... diese spur entlang und einen gedanken, den man sich nicht einzigartig denken kann, so vertraut die abfolge längst
verlorenen schreitens. flucht? kreisen? aufbruch? spur ohne witterung, bytes ohne duft, der eigene atem trügerisch
warm an kalten kristallen. die hielten nur die form. einzigartig. jedes menschen leben einzig, verwundbar.
schnüren ...
... blutstropfen. der fuchs hört ihr pulsen ...
Sonntag, 11. September 2022
Hoffnungsfroh im Gegenüberlicht
Da stehen wir uns gegenüber und erzählen uns von Sternschnuppen, ohne auch nur eine einzige aus der Tasche holen zu können. Oder etwa doch?
Ludwig Janssen © 18.7.2005
Begebenheit eines regnerischen Abends
am Straßenrand ein kleiner Bibber
mit Pappschild, darauf steht: PROTEST!
Verdutzter Blick durch Autoscheiben
(auf Schild und Nager, die durchnässt):
Was will uns dieses Tierchen zeigen?
Dass irgendwer ihn, falsch geschrieben,
an Straßenrändern stehen lässt!