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Mittwoch, 19. Mai 2021

Zasummen

Sieht du im All, dem
Zusammenhängen, das
za Summen hängen
leise seine Kreise, die
ziehen um eine laute
Mitte und bitte sieh
im All, das sternenklar
Arme milchen Straßen
in die Nacht und dich
und dein Sehnen nach
Umarmung tragen sie
im Zasummen geschieht
nichts bleibt dein Lied

Ludwig Janssen © 18.5.2021

Versuch einer Übersetzung

Do you see in universe, the
correlations, that
humming hanging
quietly it's circling, it
draws around a noisy
middle and please see
in universe those starry
arms drawing milky streets
into the night and you
and your longing for
embracement they carry 
within that hum happens
nothing remains your song


Sonntag, 5. April 2020

... dimensionsloses sich schneiden zweier geraden

auf ein neues verlasse ich
mein schneckenhaus und
ziehe leise meine kreise in
sich abwärts aufwärts wind
enden serpentinen ganz tief
unten oder inmitten funkeln
der sterne in einem punkt

Ludwig Janssen © 5.4.2020

Donnerstag, 16. November 2017

Sterne pflücken


Herr Schalupke schwebte, Traum im Traum, am blauen Nachthimmel. Pflückte Sterne für sein Huhn. Hühner, die viel Grün fressen oder Mais, legen Eier mit goldgelbem Dotter. Und sein Huhn würde er mit Sternen füttern. Herr Schalupke legte noch etwas vom Blau der Nacht in die Kiepe.


Ludwig Janssen © 15.11.2017

Freitag, 1. Juli 2016

Aus der Ferne wirken Sterne so allein

aus der Ferne
wirken Sterne
so allein, der
Raum unüber
windbar weit

Regen dir ent
gegen ins Gesicht
nicht. die Tropfen
klopfen tief in
dir und deinem Bauch

auch - das Sehnen
ist all denen, die
es finden aller Sterne

Licht wie Regen
ins Gesicht.

Ludwig Janssen © 1.7.2016


Dienstag, 9. April 2013

Nur Sterne (und Alpha-Centauri)

An Gleis 17 küssen sich zwei zum Abschied durch das geschlossene Zugfenster.

Das Buch auf dem Tisch vor mir sagt, Gott sei die Liebe und wer in der Liebe bliebe, bliebe in Gott, und Gott bliebe in ihm. Liebe ist gut, das unterschreibt jeder, will jeder haben. Das ist ein Bestseller, was man von Gott selbst nicht unbedingt behaupten kann, solange er nicht individuell angepasst, portioniert, ansprechend verpackt und entsprechend verschnitten daher kommt. Sein Reich ist nicht von dieser Welt, sagte er und ich frage mich, wo es denn dann sein soll. Es muss wohl außerhalb der Grenzen dieses Universums liegen. Also gibt es mindestens zwei.

Mir kommt in den Sinn, dass ich von den elf Dimensionen um mich herum auch nur drei erfassen und die vierte in Sekundenscheibchen erleben kann. Scheibchen - eigentlich ist so gut wie nichts von Nichts mit einer hauchdünnen Salamischeibe nur unzureichend beschrieben. Also doch nur eines, und dazu auch noch reichlich unerforscht? Ob Harald Lesch mir zustimmen oder mich zumindest auf ein Glas Rotwein einladen würde wie seinen Philosophenkumpel?

Der Himmel hat keine Löcher, nur Sterne - ein seifenblasiges Gefühl. Und wo ist die Liebe?


Das kugelige Ufo auf dem Tisch vor mir ist randvoll mit Wasser. Sein glubschäugiger Pilot bemüht sich vergeblich, mit mir Kontakt aufzunehmen:

O = O = O

 Der faltenfreie Catsuit schimmert golden.

Was will der von mir?

Jetzt fängt er auch noch das Sprechen an, will philosophieren - er könne nicht erkennen, dass ich mich wie er in einer gläsernen Kugel befände, ringsum nur durch 3mm dickes Glas von einer fremden, lebensbedrohlichen Umwelt abgeschirmt.

Woher will der denn das so genau wissen? Spring doch, sage ich - und schäme mich dafür. Setze ihm auseinander, dass es mir nicht besser geht, dass mein Tastsinn nicht besonders ausgeprägt ist, mein Geruchssinn dem jedes dahergelaufenen Straßenköters hoffnungslos unterlegen und ich weniger höre als eine stinknormale Katze. Dazu tauche ich mein Gesicht bis zu den Ohren in sein Raumschiff und eröffne ihm blubbernd, dass ich nachts beim Blick in den Sternenhimmel nicht die Unendlichkeit sehe, sondern nur bis an die Grenze meines irdischen Erkennens. Und das mache mir Angst:

Gefangen in der Unvollkommenheit meiner Sinne. Rundum geschlossen. Rundum geschlossene Gesellschaft. Rundum geschlossene Anstalt. Wenn das mal kein Goldfischglas ist.

Er scheint beleidigt und beschränkt sich wieder auf: O = O = O. Schwiege Harald Lesch jetzt auch? Vielleicht würde er jetzt sein Gesicht in das große Weinglas stecken und den Kopf in den Nacken werfen.


Der Himmel hat keine Löcher, nur Sterne - ein seifenblasiges Gefühl. Und wo nur ist die Liebe?

Die Kinder im Bus vor mir pressen ihre kalkweißen Gesichter an der Heckscheibe platt und schneiden Grimassen. Wie Bungee-Jumping ist das. Der Goldfisch würde das nicht machen. Goldfische sind demnach klüger als Kinder. Oder ihre intellektuellen Fähigkeiten erschöpfen sich darin, Grenzen hinzunehmen, oder sich zumindest nicht sinnlos die Gesichter daran platt zu drücken. Was für ein Glück. Für die Schulkinder vor mir, doch bin ich im Zweifel, ob sie später nicht doch zu Goldfischen werden, die kugelige Einer-Ufos bevölkern und hin und wieder ein Gurkenglas.

Mitten in der Nacht Alpha-Centauri. Harald Lesch sitzt auf meiner Bettkante und lockt, wir könnten doch unsere Gesichter an der dunkelblauen Heckscheibe über uns platt drücken. Spricht von Reisen mit Lichtgeschwindigkeit und warum die Dinge so sind wie sie sind, dass sie so sind, weil sie so sein können. Nur so. Und dass das kein Zufall ist, lediglich die logische Abfolge der Lage der Dinge nach dem Urknall.
Patsch! Diese Bungee-Heckscheibe kam schneller als erwartet.

Mein Himmel hat keine Löcher, nur Sterne - ein seifenblasiges Gefühl. Wie fühlt sich die Liebe an?

Alpha-Centauri löst sich unter Sphärenklängen in die Quantenwolke auf, als die es in meinen Fernseher fand und von dort in mein Erkennen. Selbst mein Erinnern besteht aus Quanten. Glaskugeln überall. Die Menschen pflanzen sie auf Besenstielen in ihre Gärten, hängen sie im Dezember an geschlachtete Bäumchen und würden gerne ihre kleinen Welten in kleine, sterile Glaskugeln einschließen, solange Welt und Kugel noch heil sind.

Der Bus vor mir bremst und die verdichteten Quantenwolken, die ich als Kinder ausgemacht hatte, wirbeln von der Heckscheibe weg in die Polster der verdichteten Energie in der Tiefe des Busses.


Harald Lesch grinst. In einem Hörsaal irgendwo da draußen.


An Gleis 17 küssen sich zwei zum Abschied durch das geschlossene Zugfenster.


Genau so! Genau so ist es. Mit der Liebe und mit Menschen in Goldfischgläsern.

Mein Himmel hat keine Löcher, nur Sterne – und deiner? Ein seifenblasiges Gefühl, aber ein Gefühl zumindest und die hauchdünne Haut unserer Hülle schillert. Mir ist, als ob sich von irgendwoher ein Finger auf den Weg macht, um mich zu berühren. Wird wohl die Liebe sein. Hoffentlich.

Ludwig Janssen © 21.12.2006
“Uraufführung“: Regensburger Super-Slam 9.3.2007

Mittwoch, 27. Februar 2013

Funkelmariechen

Gestern Nacht, draußen knackte der Frost in der Ligusterhecke, klopfte eine Rübe an mein Fenster.
Eine Runkelrübe, eine kleine. Das ist ungewöhnlich, da Runkelrüben winters zur Miete wohnen und sich, von Erde bedeckt, still verhalten. Sie fürchten Frostbeulen, müssen Sie wissen. Neugierig geworden öffnete ich das Fenster und ließ sie ins Zimmer.

Kaum, dass die Rübe von der Fensterbank ins Zimmer gehüpft war, lief sie zum Schreibtisch und kletterte daran hinauf. Ich sah ihre für den klobigen Körper viel zu dünnen Beinchen und wunderte mich nicht minder über die aus der Rübe ragenden filigranen Ärmchen, mit denen sich meine Besucherin auf den Tisch verhalf. Doch wunderte ich mich nicht lange, denn oben angelangt klappte die Runkel auf – und ein zierliches Persönchen in weißen Stiefeln, kurzem roten Röckchen und mit rotem Dreispitz und ebenso roter, kurzer Jacke über weißem Blüschen sprang hervor: TÄ-TÄÄÄ!


Guten Abend, Sie sind ein - Runkelmariechen?
Wie bitte?

Ein Runkelmariechen, Sie sprangen aus einer Runkelrübe.

Ach, papperlapapp, dididi da dit, das‘ nur so’ne Art Mantel. Mir war kalt.

Sie setzte sich auf den Anspitzer neben meiner Teetasse und wärmte sich die Hände an ihr. Kein Wunder, wer in eine Runkelrübe gehüllt und derart leicht gekleidet im Winter unterwegs ist, friert schon mal leicht. Ich war unschlüssig, ob ich sie mit weiteren Fragen behelligen sollte, man bekommt selten Besuch, nachts, im Winter. So ließ ich sie sitzen und sich aufwärmen, derweil meine Finger über die Tastatur klickerten und Sätze wie dieser sich auf dem Monitor ausbreiteten.


Eigentlich bin ich ein Funkelmariechen.

Ein was?

Ein Fun kel ma rie chen, didadi dadi dit!
Sie schüttelte den Kopf,  neigte ihn zur Seite und sah zu mir hoch:
Noch nie gehört?

Nein, nur Funkenmariechen, und, mit Verlaub, Sie sind auch wie eines gekleidet.

Ja? Ach, das … Sie strich ihre Kleidung glatt … habe ich gefunden, einer Plastikpuppe ausgezogen, die im Rinnstein lag, draußen in der Stadt …

Draußen?

Nein? Was ist ungewöhnlich daran „draußen in der Stadt“ zu sagen?

Nun, eigentlich sagt man drinnen in der Stadt. Weil da so viele Häuser sind. Die sind so hoch, die stehen dicht an dicht, die geben einem das Gefühl, umgeben zu sein, wie von einem Gefäß, drin halt, in einer Stadt.

Hm …

Sie zog einen Flunsch, schien nachzudenken. Dann schaute sie unverhofft zu mir auf, ihre Augen … noch nie zuvor sah ich ein derart tiefes Blau … strahlten:
Eben!

Eben was?

Häuser hat man dort, also Wände, die hoch sind, Wände, die grau sind, vor allem nachts, die versperren einem den Blick zum Himmel, da ist der Horizont aus Stein, Dächern, Mauern, die sperren einen aus – also ist man draußen, dididi didi dadi dadidit, du Mensch da draußen in einer deiner zahlreichen Hüllen.

Draußen aus was?

Draußen aus dem, das der Himmel umgibt, dididadi didida dadit.

Hm?

Sie verdrehte die Augen:

Draußen aus dem, hm, nennen wir es - Gefühl, das nur eine Nacht unter freiem Sternenhimmel vermitteln kann, dadida di dadit.

Ach so …

Ich gab vor zu verstehen, doch war mir nicht wirklich klar, was sie damit meinte. Was die Kleine da auf meinem Schreibtisch in Frage stellte, war schließlich allgemein gültige Auslegung und Perspektive. Was wusste ein solch kleines Ding, dass allein seiner geringen Höhe wegen schon einen im Vergleich zu meinem begrenzten Vermögens, über Ränder, und zwar Tellerränder, hinwegzusehen, schon über Horizonte? Nichts … nichts und wieder nichts, oder?

Sie lehnte rücklings an der Teetasse, schlug die Beine übereinander, wickelte eine ihrer langen, schwarzen Locken um den Zeigefinger und eröffnete:

Funken, klar, dass wir auch funken, aber in erster Linie funkeln wir. Wenn wir uns versammeln in dem, was ihr Menschen Funkstille nennt. Wer sonst als wir könnte auch das ganze Ding in Gang halten …

Wir …? Das Ding …? In Gang …?

Die Relaisstation!

Sie lachte, griff sich ein Wort aus der Tastatur und sprang wieder auf die Fensterbank:
Machst du mir bitte wieder auf, Mensch?

Relaisstation? Verwundert ging ich zum Fenster, öffnete es und komplimentierte die Kleine mit einer Verbeugung zum Fenster hinaus:
Du nahmst dir ein Wort aus der Tastatur – welches, wozu brauchst du es? Und … deine Rübe?

Sie winkte lachend ab:
Nur eine Rübe, was brauche ich eine Rüüübe?

Mit Dadidadi dididah, vielleicht bis zum Sommer, dann! sprang sie aus dem Fenster, lief die Ligusterhecke entlang, dann über die Wiese den Hang hoch, funkelte dem Horizont entgegen auf eine Gruppe weiterer Funken zu, die sich um eine Art Maschine geschart zu haben schienen – dort verlor ihr Funkeln sich unter seinesgleichen.

Ich rieb mir die Augen. Sie waren verschwunden, alle. Der Horizont lag wie gewohnt auf dem Hügel gegenüber, bereit, sich in einer weiteren Ferne zu verlieren, egal, wer ihn sich zu greifen trachtete, die Nacht ruhte auf seinen kalten Schultern. Wolkenlos, wolkenlos und frostklirrend. Da war noch was, irgendetwas hatte ich nicht beachtet, wahrscheinlich wars nicht groß genug oder zu klein, vielleicht aber war ich es, der zu klein oder nicht groß genug war, es zu fassen. Mir wurde kalt. Doch bevor ich das Fenster schloss, fiel mein Blick auf die Sterne am Himmel, und dadidadi dadadidah schloss ich das Fenster mit einem Seufzer.

Welches Wort wohl mochte sie sich aus der Tastatur gegriffen haben?

Ludwig Janssen © 26.2.2013