So auch heute, als die Ferkel kastriert werden sollten. Selbstverständlich ließ er das die neue, unerfahrene Hilfe gleich
am Frühstückstisch wissen, genoss das sich weitende Entsetzen in ihren Augen und die Blässe um ihre Nase,
unfehlbare Anzeichen, dass sie ihm seine Geschichten um quiekende Zappeldinger, spritzendes Blut, platzende Hoden
und den gesunden Appetit von Geschwistern und Sau abnahm. Auch die von den gebratenen Nüsschen, zu der er
genießerisch mit der Zunge schnalzte. Klar, dass dem jungen Ding dabei der Appetit verging. Selber schuld, dachte er
sich und schürte ihren offensichtlichen Ekel und ihre Angst vor der anstehenden „Operation“: Ihr Anblick, wie sie sich
vor Unbehagen wand, war ihm willkommene Abwechslung vom eingefahrenen Einerlei.
Frau Brockmaar schwieg dazu. Nach dem Abwasch nahm sie die junge Frau mit in den Stall und sie brachten es
gemeinsam hinter sich. Drei Würfe, das bedeutete heute fünfzehn Mal beherztes Zupacken, fünfzehn Mal heftiges
Strampeln, dreißig Schnitte längs und genauso viele Schnitte quer, ungezählte Schreckens- und Protestschreie und
zwei Stunden Arbeit. Die „Patienten“ grunzten, entlassen, wie ungerührt durch das frisch eingestreute Stroh und
fraßen nach Schweinemanier die umherliegenden Hoden, die beiden Frauen grinsten und machten sich auf den Weg
ins Haus.
Beim Abendbrot dann lobte der genüsslich schmatzende Bauer seine beiden Küchenfeen, wie er sie überschwänglich
titulierte, und dass sie ihn richtig verwöhnten. Es gab gebratene saure Nierchen. Lecker, erzählte er mir Jahre später,
wieder beim Abendbrot, lehnte sich zurück und musterte mit einem wissenden Schmunzeln seine Frau. Die stand am
Küchenfenster, schaute in den Hof und kicherte.
Ludwig Janssen © 9.4.2006
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