Mit freundlicher Genehmigung durch Rittiner&Gomez, Spiez, CH |
Wer Milla jetzt so in ihrem Bett hätte liegen sehen, eine
friedlich Schlafende hätte er erkannt. Eine friedvoll Atmende lag da in ihren
weichen Kissen. Nicht ein Hauch war zu erahnen vom dem, was sich in und für
Milla in diesem Moment ereignete.
Milla Cremeso rannte über das Meer. Über ein Meer, das sich
ihr offenbarte. Klar, bis auf den Grund hinab. Milla lief, unter sich das Spiel
tausender bunter Fische. Auf eine Stimme zu, die sie zu sich rief. Unter ihren
Füßen wiegte das Meer, spiegelte den blauen Himmel über allem und in den
Wellenkämmen brach glitzernd das Sonnenlicht.
Ihren Herzschlag spürte sie in den Schläfen, die salzige
Luft durchströmte ihre Lungen und an den Fußsohlen strichen die Wellen entlang.
Streiften ihre Fußsohlen, ohne sie zu benetzen. Milla blickte unter sich und
gewahrte, dass die Wellen sich mit jedem weiteren ihrer eilenden Schritte zu
Teilchen formten. Zu Sandkörnern. Lichten Sandkörnern. Zu transzendenten
Körnchen, die, Tautropfen gleich, die Welt rings um sich zu bergen schienen,
auf den Kopf gestellt, glitzernd.
Unter jedem der beherzten Schritte Millas stoben diese
Sandkörner auf, wirbelten umeinander und drifteten davon wie Staub. Sandkörner.
Sand? Milla lief und lief, unter ihr verging das Wirbeln und Kreisen der leuchtenden
Körnchen mit jedem weiteren Schritt. Ihr Wogen und Wiegen verlor sich zunehmend
in aus der Tiefe aufsteigendem Dunkel und Milla bemerkte, dass sie über nichts
Geringeres gelaufen war als über Sterne. Über Milliarden von Sternen. Diese
Milliarden von Sternen und ihr Licht verliefen sich zusehends im Raum um Raum
greifenden Dunkel. Und dieses Dunkel war es nun, das Milla trug. Über das sie
hinweglief wie sie kurz zuvor über Meer, Sand und Sternenlicht hinweg gelaufen
war.
Auch das Dunkle schmeichelte Millas Füßen. Doch anders als
Wellen, Teilchen und Sternensand, die ihre Sohlen zwar gestreift, doch nicht
benetzt hatten, griff es nach ihnen. Stieg von den Sohlen die Füße und Waden
hinauf, legte sich schwer um ihre Hüften und stieg immer weiter empor.
„Milla!“
Noch immer rief die Stimme, rief komm! Und Milla folgte. Die
Schritte fielen ihr schwerer, immer schwerer, das Dunkel in ihr stieg und stieg
…
„Komm!“
Das Leuchten nur noch weniger Sterne unter sich mühte Milla
sich um jeden weiteren Schritt. Dann erlosch auch der letzte Stern. Das Dunkel
hatte mittlerweile ihre Halsbeuge erreicht, reichte bald bis in die letzte
Haarspitze. Beugte Milla in die Knie. Lastete schwer auf der zierlichen Frau,
die, den Blick in die Ferne gerichtet, sich nun anschickte, auf allen Vieren sich
dem Klang der Stimme entgegen zu schleppen, die nach ihr rief. Ihr war, als
würde das Dunkel sie zerquetschen, verdichten. Verdichten auf einen winzigen
und dann dimensionslosen Punkt …
Mit lautem Knall explodierte diese Winzigkeit, zu der Milla
sich durch das Dunkel verdichtet wahrgenommen hatte. Schuf Raum, schuf Räume,
schuf Dimensionen. Und Milla? Die spürte sich vergehen. Es zerriss sie. In
einem gleißenden Lichtblitz stob sie in winzigen Teilchen auseinander und doch
blieb sie bei Bewusstsein. Körperlos … und ergriffen von Staunen über den neu
entstandenen Weltraum ringsum und darüber, wie ihr geschah. Dann wurde es
wieder dunkel.
„Milla?“
2 Kommentare:
Das ist großartig - im übertragenen wie im Wortsinne.
Vielleicht trifft Milla beim nächsten Mal Mister Hawking und zu zweit springen sie dann ins Multiversum, wo die sonne niemals untergeht ...
... oder sie backt eine Torte mit einer Sonne darin. Danke schön!
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