Schon lange nicht mehr hatte Milla sich bei der Arbeit so
wohl gefühlt wie heute. Hinter sich wusste sie Tarik und hörte zu, wie er dem
Katerchen Lieder vorsang und leise Geschichten erzählte. Bis zu ihr her war das
wohlige Schnurren der Katze zu hören. Vor ihr breitete sich der gut sortierte
Arbeitstisch aus und unter ihren geschickten Händen entstand die Torte wie von
selbst. In ihrer Vorstellung sah sie bereits die fertige Torte vor sich, eine
Torte, die einen Baum in sich barg und von einer Wolke gekrönt wurde.
Die untere Torte war bald fertig. Auf einem Drehteller
platzierte Milla eine Kuchenplatte und begann. Die erste Schicht bildeten
aufeinander folgende Lagen dunkler und heller Schokoladencreme, durch die Milla
mit einer Nadel feine Striche zog, so dass die beiden Farben einander
durchmischten und wie ein verästeltes Wurzelwerk wirkten. In die zweite, helle
Cremeschicht arbeitete sie die gezuckerten Erdbeerstücke und die
Erdbeermarmelade ein. Dann strich sie die Torte auf ihrer Platte mit dunkler Ganache
ein, auch den inneren Ring, und stellte die Torte in den Kühlraum.
Milla bereitete in einer kleinen Springform den hellen Boden
für die dritte Torte vor. Während der im Ofen duftend aufging, wandte Milla
sich den Böden zu, aus denen sie den Baumstamm formen wollte. Stabil sollten
sie sein. Milla wagte ein Experiment. Auch die kleinen Böden, die sie mit
Schokoladenbuttercreme füllte, stellte sie jeden auf eine Kuchenplatte. Stellte
sie übereinander und arbeitete je fünf Tortensäulen ein. Die mittlere Säule
reichte dabei durchgängig von der ersten Platte bis in die Spitze der zweiten
Torte. Diese Säulen sollten die zweite Torte tragen und die abschließende
kleine Torte, welche die Wolke darstellen sollte. Milla bestrich die Böden für
den Stamm mit Ganache und holte aus dem Kühlschrank das zusammengerollte
Backpapier mit der erstarrten Kuvertüre. Sorgsam tupfte sie die einzelnen
Splitter auf den Rand der Torte, der so bald wie die Borke eines Baumstammes
aussah. Beide Torten, übereinander gestellt, überragten die untere Torte um
einige Zentimeter. Auch den Stamm gab Milla in die Kühlkammer.
Die mittlere Torte sollte eine Sahnetorte sein. Milla schlug
Sahne mit reichlich Gelatine auf und gab die passierten Pflaumen hinzu. Aus dem
Keller holte sie ein Glas in die Backstube, in dem sie gehäutete Dörrpflaumen
in Rum eingelegt hatte. Die zerkleinerte sie nun und hob sie mit Zimt unter die
Pflaumenmus-Sahnemasse. Die Masse wurde allmählich fester und zog an, als Milla
sie in zwei Schichten zwischen drei Lagen köstlichen Biskuitbodens
untergebracht hatte. Milla bereitete aus weißer Blockschokolade und Sahne eine
helle Ganache und strich die Torte damit ein.
Als sie aus der Kühlkammer zurückkam, in die sie auch die
zweite Torte gestellt hatte, bemerkte Milla, dass Tarik mittlerweile
eingeschlafen war. Auf dem Fußboden, die Katze im Arm. Behutsam hob sie ihn auf
und brachte ihn die Stiegen hinauf ins Wohnzimmer. Dort stand ein Sofa aus Plüsch.
Ein dunkelgrüner Zweisitzer, so wie Milla es zuerst in einem Kinderbuch gesehen
hatte, das ihr Vater ihr immer wieder und wieder zur guten Nacht vorgelesen
hatte. Milla bettete den schlafenden Tarik auf das Sofa und kuschelte ihn in
eine warme Decke. Der kleine schwarz-weiße Kater strich ihr unterdessen um die
Beine und folgte ihr dann zurück in die Backstube.
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