Mit freundlicher Genehmigung durch Rittiner & Gomez, Spiez, CH |
In Gedanken versunken stapfte Ratur die Stiegen zu seiner
Stadtwohnung hinauf. Zog die Tür hinter sich ins Schloss, schaltete das Licht
in der Küche an – und stutzte: Vor ihm saß ein roter Kater. Auf dem
Küchentisch. Blinzelte ihn an.
Na, wo kommst denn du her?
Blinzeln.
Nicht, dass Ratur etwas gegen Katzen hatte, die sich auf dem
Küchentisch tummeln, vielmehr verwunderte ihn der Anblick des Katers, weil er
gar keine Katze in seinem Haushalt beherbergte.
Hungrig?
Blinzeln.
Ratur deckte den Tisch ein, packte seinen Einkauf aus dem
Discounter hinzu, holte Milch aus dem Kühlschrank, goss davon ein wenig in eine
Untertasse, schob diese in die Mitte des Tisches und schenkte sich selbst vom
Rotwein ein. Sein Gast flanierte derweil schnurrend über die Tischplatte,
strich Raturs Arme entlang und rieb sein Köpfchen an allem und jedem, was Ratur
auf den Tisch stellte. Als Ratur sich hinzu setzte, lief er zur Milch, tunkte
seine Zunge hinein und trank, setzte ab, blinzelte Ratur an, trank wieder und
setzte sich dann Ratur gegenüber, der ein Stück vom Baguette geschnitten hatte
und einen Streifen Käse, von dem er abbiss.
Käse?
Blinzeln.
Ratur brach ein Stückchen ab, reichte es seinem Gegenüber
und fühlte es unter beherzten Bissen aus den Fingerspitzen schwinden. Kaum
hatte der Kater das Käsestückchen gefressen und noch eins und noch eines, baute
er sich wieder vor Ratur auf, einer Sphinx gleich, blinzelte und schien bereit,
ein Rätsel zu stellen. Ratur genoss derweil sein Abendbrot und betrachtete
seinen Gast. Selten grün funkelten dessen Augen, tiefgründig schwarze Pupillen
rundeten sich im matten Schein der Küchenlampe. Sein Fell wirkte gepflegt,
tiefes Orange, getigert, als ob ein Glas Milch auf die Brust ausgegossen war
und sich von dort verlor, den Bauch hinab und dann in feinen Rinnsalen wieder
die Rippen hinauf.
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