Sie sagen, du seist zur Ruhe gekommen. Und ja, du bewegst
dich nicht mehr so viel. Die technische Hilfe um deinen gebrechlichen Körper,
die deine Flucht in rastloses Wandern stützte, wirkt wie ein Schneckenhaus, das
du zwar noch um dich trägst, doch nur noch selten machst du ein paar Schritte
voraus, nimmst Schwung nach hinten. Flut oder Ebbe? Das eine kommt, das andere
geht. Nein, zur Ruhe gekommen bist du nicht. Es ist das Fehlen, das in dir Raum
greift. Zunächst fehlte das Erinnern, dann ging dir das Sich-Auskennen aus,
ließ dich irrgehnd wo zurück, wo du nicht sein wolltest. Und später, viel
später folgte das Wollen.
Es ist die Flut, die zurückkehrt. Sie nimmt sich, was dich
ausmachte. Sand sinkt in Sand, Sandkorn um Sandkorn folgt dem Strich der
anlandenden Wellen, legt sich mit ihrem Zurückweichen ins Vergessen. Alles
Erhabene schwindet. Wenn du für dich bist, liegt davon in deinen Augen. Für
dich sein, ob nun allein oder in Gesellschaft eines, der dich in Ruhe lässt. Nicht
retten will. Dich den Sog des Unausweichlichen nicht wieder spüren lässt.
Hier war einmal eine Sandburg mit Toren, Türmen und Zinnen.
Die Puppe in deinen Armen erzählt einen verloren geglaubten Wunsch, den wir
dich leben lassen. Humbta-ta und Tanz wecken deine Lebensgeister für den
Augenblick, den du lebst. Du lebst den Augenblick. Weil du nicht anders kannst.
Wenn wir uns Zeit nehmen für dich, lassen wir dir einen Augenblick nach dem
anderen erstehen. Manchmal magst du in den Arm genommen werden. Noch, noch weiß
ein jeder, dass hier einmal eine Sandburg stand, mit Türmen, Zinnen und Toren.
Am Ufersaum rollt ein Schneckenhaus im Wellenschlag der anlandenden Flut.
Ludwig Janssen © 29.7.2017
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