… als Ausdruck der Zustimmung ist natürlich auch am
Niederrhein eine durchaus oft zu vernehmende und auch typische Redewendung,
doch charakterisiert „ja, datt kann“, auch „jo, datt kann“ und, in platter
Version „jò, koss sinn“ nicht den ländlichen Niederrheiner an (und für) sich.
Den eher (wirklich) ländlichen Typen, den von der im Gegensatz zum Rheinländer typisch
maulfaulen Sorte, der den für uns typischen singenden Klang der Sprache (eben)
NICHT zur Entfaltung bringt, sondern eher "in vogelartiger
Kurzstrophe" seine Meinung kundtut, erkennt man an:
Hm.
oder:
Jò.
So jemand sagt natüüürlich in geschwätzigen Augenblicken
seines Erdenseins auch schon mal:
Ja, datt kann.
Aber … - dann ist sicherlich Sonntag. Und der Pfarrer hat
ihm gerade, nachdem das mit der Barzahlung fürs Jahressamt geregelt wurde,
auseinandergesetzt, dass seine Frau jetzt (lies:) doch wohl (verstehe: wohl
doch) im Paradies weilen würde - und nicht im Fegefeuer schmoren müsse ...
Ja, datt kann.
Durchaus möglich, dass es sich bei diesem
Sprachgenie, diesem Füllhorn blumenreicher Rede, um den Dorfschmied handelt,
heute Schlosser, der, nachdem er den Hammer dem flüchtenden Gesellen
nachschmiss und der sich bückte, den Einschlag des Zehnpfünders (Mooker) in die
Stirn seiner Ehegattin lediglich mit "Auch gut." quittierte.
Vom literarisch ahnungslosen Fachmann sei an dieser Stelle,
also mittendrin und nicht als Fußnote, angemerkt: Dem Punkt kommt bei der
schriftlichen Wiedergabe solcher Episoden wesentliche symbolische und
gehaltvolle Bedeutung zu: Der Niederrheiner an sich redet nicht "mit"
oder "in Auslassungspunkten", sondern "mit Punkt".
Es sei
denn, seine Rede an (und für) sich ist ohnehin eine aus
aneinandergefügten Auslassungspunkten. Diese spezielle Art der Rede in Auslassungspunkten brachte
der Niederrheiner an (und für) sich zur Perfektion. Er nennt das
"Weißebescheid".
Das Weißebescheid des Niederrheiners hat man gefälligst aus
seinen Augen abzulesen, auf Punkt und Komma genau, auch, wenn er schläft, auch,
wenn er „ma nich kuckt“, und, wichtig, auch immer folgende Zusätze:
Iss gez nich bös gemeint, aber ...
Kannze nich sehn, datt ...
Ich leide, und du ...
So ist das bei uns, und dieser kurze Monolog "Weißebescheid.", der eigentlich
sämtliche philosophischen und feingeistigen Abhandlungen beinhaltet, ja,
verdichtet, sofern sie im Katechismus, der Bibel, in einem Lesebuch oder der
'Rheinischen Post' (bei Evangelischen ersatzweise die NRZ) zu finden sind, wird
klanglich unterstrichen durch die oben erwähnte vogelartige Kurzstrophe "Hm ...", dem pink! einer Meise vergleichbar und ebenso kurz.
Aber nur, wenn der watt sacht …
Der Niederrheiner.
Dabei beinhaltet, auf den Niederrheiner bezogen, dieses "Wenn-der-watt-sacht …" allein schon
einen Tsunami unausgesprochener Weißebescheids und Weißewatts, die auszuführen einen
(noch ahnungslos) Interessierten für Stunden weißebescheidenen, weißewatten
Singsangs gnadenlos in die Ecke pinnen würde, potentielle Migranten jedoch
abhalten könnte, sich am Unteren Niederrhein niederzulassen.
Andererseits erklärt es den Umstand, dass Niederrheiner nur
ungern weiter wegziehen, als der Schatten des Kirchturms reicht, denn wer,
außer dem Niederrheiner „umme Ecke“, hätte dafür Verständnis, dass man sich nie
so recht festlegen mag? Wer, außer einem Niederrheiner, beherrscht das
Instrumentarium, die Geschwätzigkeit und Ausdruckstärke der verdichteten geschlossenen Rede
in Auslassungspunkten mit solcher – ja! -Virtuosität wie der Niederrheiner an
(und für) sich, und, schlimmer noch – überhaupt!?
Ludwig Janssen © 4.12.2008
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