"Voltaire, was stellt das vor?"
"Geduld, Sire, Geduld!"
"Voltaire, was bildet er sich ein?"
Friedrich der Große schaute verärgert zur Ente hinüber und sah das gute Tier ein Ei legen, ein goldenes Ei.
"Parbleu!", entfuhr es dem Monarchen. Durch einen Diener ließ er sich das Ei bringen, hielt es ins Licht des jungen niederrheinischen Morgens und betrachtete es von allen Seiten. Voltaire indes erhob sich ohne weiteres Wort, nahm die Ente wieder unter den Arm und ging zur Tür. Bevor er den Salon verlassen konnte, zitierte Friedrich ihn zurück und hieß ihn, das Tier zu übergeben. Gesagt, getan warf Voltaire die Ente auf den preußischen König zu: Unter lauthalsem Quaken landete das Tier auf dessen Frühstück, das es gehörig derangierte. Vor Schreck ließ Friedrich der Große das goldene Ei fallen - es zerbarst. Wieder scholl durch Schloss Moyland:
"Voltaire, was stellt das vor?"
"Geduld, Sire, Geduld!"
"Voltaire, was bildet er sich ein?"
Voltaire nahm wieder am Tisch des Preußen Platz, griff sich die Ente und drehte ihr den Hals um.
"Voltaire, so er nicht dasselbe Schicksal erleiden will wie die Ente, erkläre er mir auf der Stelle, was diese Posse zu bedeuten hat!"
"Quaken ist Silber - schweigend das Gold, Sire."
"Bien entendu, Voltaire, Sie Fuchs - Quaksilber! Mit welcher Kurzweil doch diese niederländischen Bauerntölpel aufzuwarten wissen, Quaksilber“, der Monarch lachte schallend, „Quaksilber!"
Voltaire erhob sich und grüßte.
"Und nun, mein Bester, gehe er hinaus und bringe mir noch eine, aber lebend, noch besser: ein Huhn!"
"Wie Ihro Majestät wünschen!", verneigte sich Voltaire abermals, verließ den Salon, verließ Moyland, verließ Preußen und ward dort nimmermehr gesehen.
Es geht die Mär, dass er noch immer über die Märkte in den Dörfern der ehemals preußischen Provinz streift, nach besagtem Huhn sucht - und nicht einmal eine Ente findet.
Epilog:
Was niemand weiß: Dazumal schwamm im
Wassergraben des Schlosses ein grauer Höckerschwan, der Stammvater aller
Höckerschwäne dieser Welt. Just in dem Moment, als sich im Salon des Schlosses
die Ereignisse zuspitzten, reckte der seinen Hals, schaute zum Fenster hinein,
wurde Zeuge der Schreckenstat - und erbleichte. Seit jenem Tag schweigen die
Höckerschwäne.
Ludwig Janssen © 4.10.2010.
2 Kommentare:
Echt?
Das ist ja eine tolle Geschichte! ♥
Klar! Höckerschwäne sind stumm im Vergleich zu anderen Schwänen.
http://www.bbc.co.uk/nature/life/Mute_Swan#p008c097
Hier findest du eine passendere Umschreibung, der Mann versucht sich auch in lustigen Umschreibungen des Fluggeräusches von Schwänen ... ich hätte das Pfeifen darin besser eingearbeitet. ;)
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