Ein Omatidium, das ist ein Einzelauge, aus dem sich auch die
Facettenaugen zusammensetzen, wie wir sie von Insekten kennen.
Deren Sicht der Dinge setzt sich also aus vielen
Einzelinformationen zusammen, die von bis zu 56.000 Einzelaugen übermittelt
werden. Eine große Anzahl auf den ersten Blick, jedoch verschwindend klein,
wenn man bedenkt, dass die Anzahl an Photonen nie gemessen oder berechnet
werden kann (siehe Heisenberg) – sicherlich selbst auf die geringe Fläche eines
Omatidiums (0,001 mm²) bezogen jedoch bedeutend höher liegen wird als 1. Und
das, was wir (oder halt Insekten) sehen, ist nichts weiter als eine gewaltige
Menge von irgendwelchen Dingen reflektierte Photonen, die an geeigneten
Rezeptoren zu elektrischen Impulsen umgewandelt wurden. Zeitverzögert. Wir
nennen es „gegenwärtig“, stellen deart ahnungslos den Bezug zu „Gegenwart“ her
– und stützen uns dabei auf Vergangenes. Typisch. Da brauche ich nicht
Heisenberg, um Unschärfe ausmachen zu können.
Charakteristisch für Einzelaugen ist, dass sie nur einen
winzigen Aspekt erfassen können, diesen je nach Bauart und Lichtstärke mehr
oder weniger scharf. Das Sehen, folglich auch das Einsehen eines Einzelauges,
beschränkt sich auf einen winzigen Ausschnitt dessen, was ist, kluge Menschen
werden wohl eher sagen dessen, was wahrnehmbar ist. So Gott, oder, ach,
belassen wir es beim Universum, nun die Menschen erschaffen haben sollte bzw.
ihr Entstehen aus Zufälligkeiten zuließ, um sich selbst betrachten zu können,
beschränkte es sich auf - und die Menschen durch - einen winzigen Aspekt, den
sie wahrnehmen können, erkennen, jeder für sich. Sie nennen es Wahrheit.
Fraglich ist, ob sie sich damit auf ihre omatidische Sicht der Dinge beschränken
können oder sie als Erkenntnis anderen aufschwatzen.
Gott also mit einem „Blick auf die Welt“, der dem einer
Florfliege, einer Libelle entspricht?
Kaum, aber das anzudenken gefiel mir, erst recht der
Gedanke, den einzelnen Menschen als Omatidium eines kollektiven Erkennens
dargestellt zu haben, welches keine Ahnung von der einzelnen Omatidie hat,
jedoch von dem einen oder anderen Omatidium vollmundig beschworen wird. Wird doch deutlich, wie wenig jeder
einzelne erkennen kann und wie wenig er von dem erfährt, was sich weit vor ihm
und weit hinter ihm, dem Omatidium solum, zuträgt.
Beim Verfassen von Texten verhält es sich eigentlich nicht
anders. Nur, dass sich hier das mit dem Omatidium, dem Facettenauge umkehrt. So
fällt das Licht, die Ausleuchtung eines Gedankens, einer Szene durch die
Omatidien, die der Verfasser, Ausdenker, Schöpfer dem Text mit auf den Weg
gibt: Wörter. Jedes ein Omatidium für sich, je mehr Omatidien, je sinnvoller
und, mehr noch, sinnstiftender sie angeordnet sind, umso reicher der Wortschatz
des Textes. Umso facettenreicher, komplexer, ja, klangvoller sein Bilderwurf.
Hm. Dann, in der Tat, sind manche Texte Florfliegen, mit
deren Schilleraugen zumindest, glasigen Flügelchen und … hm… Andere wieder
Krebse, Glühwürmchen … bis hinunter zu Nacktschnecken.
Und ihre Autoren? Tja (und ach, lassen wir das), kommt auf
deren Wortschatz an, der Wortschatz der deutschen Standardsprache umfasst ca.
75.000 Wörter*, wie sie ihn anzuordnen vermögen, welche Absicht sie verfolgen …
manchen Texten reicht die Omatidienzahl einer Spinne, und, so sei betont, das
nicht, weil sie verdichtet sind, sondern lediglich ausgezeichnete
Fliegenfänger. Fliegen hinwiederum haben Facettenaugen, diese mit einigen
tausend Omatidien, Wörtern – also dementsprechend verschwendetem Wortschatz.
Mir genügt, einige wenige Florfliegen mit Schilleraugen und
Netzflügelchen geschaffen und in die Welt entlassen zu haben, Hafte allesamt,
dem einen anhaftend, dem anderen Zauberhaft, anderen, Teflons und solchen, die
es nicht können, wieder nicht … sind doch alle, mich wie jedes Wort
eingeschlossen, nicht mehr als Omatidien, Äugelchen.
* =
http://de.wikipedia.org/wiki/Wortschatz]Wortschatz auf
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Facettenauge]Facettenauge
auf Wikipedia
http://www.quantenwelt.de/elementar/photonen.html]Photonen
auf Quantenwelt.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Florfliegen]Florfliege
(Hafte) auf Wikipedia
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