Donnerstag, 12. Februar 2015

Bilder aus dem Küchenschrank


Zu Michael Fuchs und den Bildern seiner Ausstellung „Ladenhüter“ in der Seniorenresidenz Thurn und Taxis, Regensburg (Laudatio)

Im Gedicht „Die Mausefalle“ von Christian Morgenstern ist es von Korf, der eine Gitterkammer baut, in die hinein er seinen Freund Palmström mit einer Geige setzt, um so eine Maus zu fangen, die seinem Freund zusetzte.
So jemanden wie Korf können manchmal auch wir brauchen, jemanden, der in der Lage ist, Räume zu erschaffen, in denen wir, versunken in die Betrachtung eines Bildes, in kontemplativer Versenkung zu uns selbst finden und dem, was uns wichtig ist im Leben. „Nacht ists, und die Sterne funkeln, / Palmström musiziert im Dunkeln.“

So jemand ist Michael Fuchs, und seine Bilder eröffnen dem phantasiebegabten Auge Räume, die einen anderen, einen tiefen Blick in die Welt und ihr Treiben ermöglichen.
Seine Ausstellung in der Seniorenresidenz Schloss Thurn und Taxis stellte der 1959 geborene Landwirt und Zeichner unter den Titel „Ladenhüter“, ein Wort, dem es in dieser Laudatio den Giftzahn zu ziehen gilt. Was eigentlich sind Ladenhüter? Es sind Dinge, die keinen Käufer fanden, Dinge, die man um keinen Preis der Welt zu veräußern bereit war und ist. Und, übertragen auf uns ältere Menschen: Jahrelang trugen wir die Haut zu Markte, und, wenn es gut war, wars nur die eigene Haut, die wir zu Markte trugen. So manches blieb, und wenns Geradlinigkeit war, die man jetzt Trotz heißt, oder Phantasie, die jetzt von denen, die nicht daran interessiert sind, als Spinnerei abgetan wird. Diese Werte, die wir nicht veräußerten, die blieben und uns unverkäuflich sind, lassen sich unter einem schöneren Wort zusammenfassen: Charakter!

Und Charakter ist, was die Bilder von Michael Fuchs ausmacht. Jedes erzählt, so wie wir, eine eigene Geschichte, lädt ein, nachzudenken und möchte entdeckt werden. In der Tat stellt Michael Fuchs hier nur Bilder aus, die noch keinen Käufer fanden. Dass jedoch liegt nur daran, dass sie noch nicht ihren Kenner gefunden haben, daran, dass noch niemand bereit war, sie gegen schnöden Mammon einzutauschen.

Die Bilder entsprangen allesamt einem Schöpfungsweg, der mir der schönere des Michael Fuchs ist: Ich nenne sie „Bilder aus dem Küchenschrank“. Denn ja, es gibt den Auftragsmaler Michael Fuchs, der ernsthaft, präzise und detailverliebt die Auftragszeichnungen seiner Kunden ausführt. Doch gibt es da auch einen anderen Michael Fuchs, den Landwirt, der tagsüber seinen ökologisch ausgerichteten Hof bewirtschaftet, der beinahe so alt zu sein scheint wie das Land selbst, der jedoch sicherlich älter ist als die Dörfer ringsum. Den gläubigen Christen, der aus dem ermüdenden, aber auch über die Routine der Arbeiten hinweg meditativen Tagwerk heraus auf einmal ... nennen wir es eine Eingebung, eine Idee vor Augen hat, ein Bild, dessen Titel er sogleich in die Innenseite seines Küchenschranks notiert, wo bereits viele Titel und Bilder darauf warten, gemalt zu werden. Und dann, irgendwann begibt der Zeichner sich nach Stallarbeit und Abendbrot im Kreise seiner vielköpfigen Familie in sein Atelier überm Kuhstall und zeichnet eine Nacht nach der anderen an einem Bild. Wie im Rausch, meint er, und dankt Talent und Schaffensdrang Gott, dem er mit jedem Bild und in jeder Signatur deutlich die Ehre gibt.

Michael Fuchs ist ein guter Erzähler. Nutzen Sie die Gelegenheit, ihn höchstpersönlich vor Ort zu haben  - und fragen Sie ihn nach all den Geschichten, die seine Bilder zu erzählen haben, und entdecken Sie  auch die Geschichte, die sich im vertrauten Vis-à-vis mit dem Bild nur Ihnen erschließt.
Ludwig Janssen, März 2012

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