Dienstag, 12. März 2019

Episode 15

Mit freundlicher Genehmigung durch Rittiner & Gomez, Spiez, CH
Ertrinken. Taumelndes Sinken. Reglos sank der Alte in die Tiefe. Hier oben warf der Seegang ihn noch, doch ein wenig weiter unten bereits wiegte er ihn, drehte ihn um die Längsachse. Pfiff ihm eben noch der Sturm um die Ohren, zerstoben noch eben krachend die Wellen an der Bordwand, so wurde es nun mit jedem Meter lautlosen Sinkens stiller und stiller um den alten Mann.

"... Wenn ich hingegen meinen Leuten die Liebe zur Seefahrt mitteile und so ein jeder den Drang dazu in sich verspürt, weil ihn ein Gewicht im Herzen zum Meere zieht ..."
Den Alten träumte offenen Auges, er hätte den Baum nicht gefällt, säße stattdessen in dessen Krone und lausche dem Rauschen saftig grünen Laubwerks. Er erspähte in einer Astgabel das Nest einer brütenden Amsel und hörte vom Wipfel her den Amselhahn singen zur aufsteigenden Nacht.

"Erzähl mir von jenem Baum", hörte er das Meer wispern. Oder war es ein Seepferdchen? Oder ein Fetzen Tang, vom Sturm losgerissenen, der sich in Locken um ihn warf? Oder ... gar ein menschliches Wesen? Nur eine bloße Traumgestalt? Ein zierliches Persönchen zupfte an seinem Ärmel, nahm sein faltiges Gesicht in beide Hände und ein unergründlich meergrüner Blick aus für jenes Gesicht viel zu großen Augen vertiefte sich in den des Alten. Ihm war, als ob die leise, sanfte Stimme des Wesens sich in seinem Kopf befände:
"Erzähle mir von dem einen Baum, alter Mann, bitte, erzähle mir von Wäldern!" Auf dem Kopf trug es einen Hut aus einem Schneckenhaus, sein Haar wallte und wogte. Noch hob es sich dunkel gegen das mit zunehmender Tiefe schwächer werdende Licht des Tages über der See ab.

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