Samstag, 15. April 2017

Solche Orte


Absperren sollte man sie. Die Orte, an denen das Entsetzen wohnte und ging mit den Menschen. Sie sich selbst überlassen und, so es sie gibt, den verlorenen Seelen, die nicht heimfanden. Warum nur macht man aus ihnen öffentliche Ereignisse, dass sie Tiergärten gleichen und Parks, gibt sie den Launen und Befindlichkeiten Fremder preis? Leichenfledderer schlendern sich ihr Quentchen Ich-bin-dort-Gewesen ins Getue. Spaziergänger auf ein Stündchen, die das Maul nicht halten können, Lebende, die sich alles aneignen, die vergangenen Dinge und die Toten um sich winden. Das Grauen, hauchdünner Flor, um ihre Schultern gelegt, flanieren sie die Wege entlang, nehmen, was sie brauchen können, stecken es sich in die Taschen und nehmen es heim. Basteln an Worten und Namen, bauen neue, schicke Türmchen, schmuckes Beiwerk um ihre Befindlichkeiten. Die stellen sie ins Fenster, dort rücken sie sich zurecht und entzünden triefende Stummeldochte um sich selbst kreißender Betroffenheit. Kleine Lichter. Darin zerren sie die Ermordeten noch einmal hervor, verbrennen sie. Die Puppen lassen sie tanzen: Seht her! So spreizen sie sich – diese Attitüde würgt. Absperren sollte man solche Orte, die in den Wäldern und in den Herzen der Städte, mit hohen Mauern umgeben. Die böten Raum genug zu Gedenken und Klage. Solche Orte aber gehören denen, die sie überlebten, die sich dort verloren oder uns verloren gingen.

Ludwig Janssen © 4.1.2008

Keine Kommentare: