Montag, 25. November 2013

Frau Juli und die Raben

Frau Juli hat zwei Raben gesehen. Selbstverständlich: Raben! ... Nicht irgendwelche Dohlen?-Blödmann! ... oder Rabenkrähen? ... nein, Raben. Mit langem a, also mindestens dreien. Das bedeutet: Betonung vorgebeugt mit Augenaufschlag kritisch und Kopfwackeln.

Sie hat, wie bei jemandem wie Frau Juli nicht anders zu erwarten, diese beiden Raben gefüttert. Klar, kriegen ja sonst nichts. Und, wären sie satt, hätten sie schließlich nicht gefressen vom Brot, dass ihnen Frau Juli auf den Rasen warf. Auf den frisch gemähten Rasen unter den Pappeln zwischen den Hochhäusern der norddeutschen Hafenstadt, die sich um Frau Juli und ihren Kosmos herum ereignet.

Und mitten in diesem Ereignis: Frau Juli. Mit, wie gesagt, zwei Raben.

Heute war es nur einer der beiden, der sich in einer der Platanen niedergelassen und Frau Juli erwartet hatte. Hatte sie auf sich aufmerksam gemacht, wahrscheinlich mit einem KRAH!, das jeder Krähe zur Ehre gereicht hätte, das aber aus dem Schnabel dieses Raaaben klang wie das dünne Stimmchen eines Verhungernden. Klrah, Entschuldigung: klar.

Selbst-ver-ständlich kam Frau Juli gerade mit genügend Brot in der Tasche vorbei, legte dieses auf den Rasen und lockte den Raben k – k – k … worauf dieser sich herabließ von der Platane, aufs Brot zu hüpfte und es in seinen Schnabel … ja … stopfte. Der Hunger, Sie verstehen? Der Rabe flog davon, Frau Juli ging ins Haus, stieg die Treppen hinauf zu ihrer Wohnung. Die liegt in Höhe der Platanenkronen und sie setzte sich dort auf einen besonders dicken Ast.

Sinnierte über die freie Wildbahn, die eigentlich die wilde, vielbefahrene Asphaltbahn des Großstadtdschungels ist und über freilebendes Brot, das sich dort aufhält und zur bevorzugten Beute der Raben der Stadt zählt. Aasfresser seien sie, die Raben, meinte sie. Den Zuruf, dass wahrscheinlich Bernd das Brot gestorben sei und seine ganze frei lebende Familie den Raben zum Opfer gefallen sein muss, da man selten ein Brot, ja, nicht einmal ein verirrtes Brötchen durch die Parks und über die Bürgersteige huschen sieht, quittierte Frau Juli mit unwirschem Menno!, dem Entzug der Glaubwürdigkeit und dem Hinweis, dass sie Besseres zu tun habe.

Liebe Frau Juli!
Sollten Sie diese Zeilen hier lesen, seien Sie versichert, dass ich soeben die Vision hatte, dass letzte Nacht aus einem Netto an der Bismarckstraße ein Päckchen Schwarzbrot ausgebrochen ist und nun in Scheiben aufgelöst in den Grünanlagen sein Unwesen treibt. Also ja, es gibt freilebendes Brot in der Havenstadt! Sogar Sesambrötchen, ausgewilderte, nisten in den Platanen am Hallenbad. Die wurden längst gefällt? Sehen Sie, das erklärt, warum sie sich in die von fürsorglichen Brotfreunden in den Häusern ringsum bereitgestellten Körbchen zurückzogen. Die Sesambrötchen, nicht die Platanen, klrah, Entschuldigung, klar.

Liebe Raben!
Solltet ihr diese Zeilen hier lesen, seid versichert, dass ich euch wohlgesonnen bin. Selbst, wenn ihr Krähen sein solltet, besonders schwarze, selbstverständlich, und besonders fette, denn anders als fett könnt ihr so nah an Frau Juli und ihrem Brot nicht werden oder sein. Ich verwandelte euch sogar in eine besondere Art Raben, Buchstraben, und ließ euch durch die wilden Weiten des frei lebenden Internests flattern. Krrror – herzlich willkommen, guten Flug!
Ludwig Janssen © 14.9.2012

5 Kommentare:

Regenkatse hat gesagt…

Eine fantastische realitätsnahe Geschichte, die den Sommer zwanghaft mit dem Herbst verbandelt.
Aber - der Herbst will nicht gefüttert werden, nein, er hat noch genügend Beeren und andere Früchte auf Lager - und Kleingetier sowieso. Das geht nämlich erst schlafen, wenn es nicht mehr an die Oberfläche wurmeln kann.
Ich mag auch die Herbste, die zur Zeit noch im Formationsflug über Dresden Richtung Südwesten unterwegs sind. Hab sie heute selbst hören und sehen dürfen.
Auch euch guten Flug! ♥

Anonym hat gesagt…

Lieber Herr Janssen
Ich soll ihnen von Frau Rupf und Herrn Zupf ausrichten dass sie selbstverständlich Raben sind und keine Dohlen!

Püüüh! ;)

:Ludwig hat gesagt…

Du, ich mag die Geschichte in deinem Kommentar. Danke schön!

:Ludwig hat gesagt…

Ich sehe: Rabenkrehe. Jetzt haben sie schon Namen! o ... m ... g ... hehe :)!

Anonym hat gesagt…

Frau Rupf ist übrigens sehr mutig(wie sich das für Mädels gehört) sie frißt mir aus der Hand, Herr Zupf ist eher eine Memme, aber das ist ja normal fürs männliche Geschlecht...die lieben übrigens auch Bananen...*g