Sonntag, 1. September 2013

Zu Kants kategorischem Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ – Oder: Ein Kantholz als Bumerang


 
„Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“. Matthäus 6,21 (Einheitsübersetzung)

 
Tummelt man sich in Literaturforen, läuft er immer wieder über den Weg, wenn es zu moralisieren gilt: Der kategorische Imperativ Kants. Der ethisch hehre Anspruch von „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ geht dabei baden, nein, ist das Kind, das man erwürgte, ums anschließend in Ruhe „mit dem Bade“, also „im eigenen Saft“ auszukübeln bzw. zu versülzen.

Denn ein wesentliches regulatives (das eigentlich imperative) Merkmal, das Kategorische, muss sich dem häufig und gerne instrumentalisierten Teil, dem Imperativ, unterordnen. Zwar nicht der lauteren Sache, sondern dem lauten Zweck dienend, und somit nicht mehr allgemeingültig.

Mag sein, dass hier der Wunsch der Vater des Gedankens ist, dass man gern von einer unangreifbar anerkannten Instanz wie dem Philosophen Kant befohlen wüsste, was man sich einem Gegenüber qua moralischer Keule von oben herab „ich bin gut, du bist schlecht“ durchgesetzt wünscht: Es zum Schweigen zu bringen, zumindest es in ethisches Abseits zu drängen, da das Anliegen des Gegenübers, oder zumindest die Art, wie es dieses vorbringt, dem kategorischen Imperativ nicht genügt. Ein Totschlagargument.

Dass hier der kategorische Imperativ angeführt wird, um einem (und zwar dem eigenen) Zweck, nicht der Sache zu dienen, und somit ad absurdum geführt wird, juckt kaum wen, sicherlich nicht die Sau, die sich an diesem eichernem Kantholz schubbert – und das Konstrukt ins Schwanken bringt, dem es eingefügt wurde.

Vom Imperativ bleibt nur dessen Zeichen, das, einem Kantholz gleich, in großspuriger Rede über dem Haupt geschwungen – und aufs widerpartige Haupt geschmettert wird:
!


!, wuchtig hinter eine Kritik der Kritik gesetzt, nicht eine Kritik der Vernunft, sondern auf die in Literaturforen stets präsente Galerie zu geschrieben, Kritik, die zumeist Krötik ist, nicht unique, sondern unkig: Leises, vielstimmiges krik!krik!krik! im Krieg der Welten. Der gerne angeführte Aspekt „Community“ wider das Außergewöhnliche. Es geht letztlich darum zu legitimieren, dass man in solchen „Communitys“ also Gemeinschaften, gemein-sam schafft, dass der ein-sam Andere (nicht unbedingt Bessere), gemein-[machen]schaftlich zu dem Brei geklopft wird, über den man mit der eigenen langweiligen Schreibe sich nicht zu erheben in der Lage ist. Zeichen-Setzung gerät da zum Ab-Setzen von Zeichen wie Häufchen gesetzt werden, um sich von Unverdaulichem, also etwas, das man zwar fraß, jedoch nicht verwerten (sprich: umsetzen) konnte, auf eine Weise zu trennen, die der Markierung eigenen Gebiets(Gebets?)-Anspruchs dienlich ist. Dem Werfen von Steinen folgt letzt- und -endlich das Setzen von Steinen, ob nun Grab-, Grenz-… - Häufchen bleibt Häufchen.

Community und Literatur - in Sinne dieses Essays eigentlich diametrale Widerparte, deren Schnittmenge beachtlich sein kann, aber kaum schöpfend, eher konsumierend. Meiner Erfahrung nach degenerieren abstrakte Begrifflichkeiten wie Community und Literatur in Literaturforen, die nur dem Titel nach als Literaturforum firmieren und eigentlich die Community, also Gemeinschaft Irgendwelcher im Sinne haben (nicht im Schilde führen, dann müssten sie sich dem an sich selbstgestellten und er Welt „geschilderten“ Anspruch unterwerfen) zu (vor sich hin rostenden) Communityon(s-Lagern) und Litteratur. Kants kategorischer Imperativ „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ – allzu oft, Christian Morgensterns „Das Wörtlein“ lässt grüßen, Spiel der Spiele, nicht mehr als ein Kantholz, ein Kantholz, dass jeder gern in der Hand haben will, aber kaum einer handhaben kann, ein Kantholz, mit dem langweilender Brei zu Daily Soap aufgeschäumt wird: Selbst- und der Galerie gefälliger Bumerang.


Das Wort – wollte ich es empfangen und küssen, sollte ich, zumindest in Communitys, die sich Literaturforum titulieren, nicht bei geschlossenen Augen und gespitzter Schnute erwarten: Allzu oft kommt ein Kantholz dahergeschmettert, aus einem Wald, in dem geduldiges Papier noch Tiger ist und Baum in Stangenackers Raum.

 

Ludwig Janssen © 1.9.2013

 

Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen […]“  aus Matthäus 6,24

 

4 Kommentare:

MelusineBarby hat gesagt…

Schöner Text! :-)

(Und jetzt beweise ich, dass ich kein Robot bin.)

:Ludwig hat gesagt…

Danke schön! :)

"...
(Und jetzt beweise ich, dass ich kein Robot bin.)
..." :)!

___________________ hat gesagt…

kantholz. ganz genial. vielleicht auch aus fichte ... :)) liebe grüße

:Ludwig hat gesagt…

danke schön. vielleicht arguzement ...