Montag, 12. August 2013

Michael Fuchs: Es lebe das Land!

Fotografie, Original von: Michael Fuchs, Starzenbach

Es lebe das Land!

Mit diesem neuen Bild, das Teil einer Serie sein wird, schuf Michl ein weiteres Werk, das starke autobiographische Züge trägt. Wir lernten uns kennen, als er auf seinem Einödhof, zu dem einige Tagwerk Wald gehören, die Arbeit mit Zugpferden wiederbeleben wollte und ich entwarf zu jener Zeit ein Projekt, in dem im Bayerischen Wald Multiplikatoren für neuartige, effektivere Techniken für den wirtschaftlichen Pferdeeinsatz im Wald gewonnen und ausgebildet werden sollten.

Was uns einte, war "der andere Blick" für das - und auf das Land und die Landwirtschaft. Sein von Natur aus analysierendes und gestaltendes Auge legte ein vollkommenes und zugleich vollkommen anderes Maß an, als man es von Landwirten, seien sie nun konventionell oder biologisch wirtschaftende, gemeinhin kennt. Michl hatte sich  sein zeichnerisches Können von Kind an unter widrigsten Umständen selbst aneignen müssen. Aufgewachsen unter der strengen Regentschaft seines Vaters, der eigentlich nur Arbeit kannte und dem das Talent seines Sohnes für die Malerei so fremd wie unnütz war und nicht auf den kleinen Hof mit den steilen, steinigen Hängen und sumpfigen Talgründen gehörte, blieb Michl nicht viel anders übrig, als zunächst hart zu arbeiten, dann noch einmal hart zu arbeiten und dann noch einmal, tagsüber, abends, bis in die Nacht. Auf Feld und Wiese, winters im Wald. Nachts dann setzte er in Szene, was ihm tagsüber durch den Kopf gegangen - und hängengeblieben war.
So prägte sich ein künstlerisches Arbeiten, das in steter Verbindung mit dem Land und der Landarbeit Inspiration, Abgleich, Hindernis fand und zugleich aus dem kontemplativen Charakter landwirtschaftlicher Routine schöpfte, kann man doch wunderbar seinen Gedanken nachhängen, während man das Vieh versorgt oder mit dem Traktor unterwegs ist.

Und "der andere Blick"? Michl sprach, saßen wir abends in der Stube, kaum von Festmetern, Tagwerken, Getreide- oder Viehpreisen, Subventionen, er schilderte, wie er das Land sah, den Schwung der steinigen Hänge, den Strich der Egge, der die Konturen entlangfuhr und dem Feld eine andere Farbe verlieh. Und in der Tat war seine Malerei mittlerweile zu einem Fruchtfolgeglied seines Betriebes geraten, der sich von seinen Erträgen her nicht halten, geschweige denn Michls Familie ernähren konnte. Dabei war Michl zu der Zeit in der Region bereits recht erfolgreich mit seinen Bildern. Was die Oberpfälzer schätzen, sind seine detailreichen Zeichnungen mit dem Zimmermannsbleistift, die immer einen Bezug zu Themen der Menschen der Region haben und ihre Wurzeln in der Historie von Hof und Land, im gesellschaftspolitischen und nicht zuletzt christlichen Hintergrund Michls finden.

Früher, als junger Bursche, hatte Michl Aquarelle gefertigt, sich dann jedoch mehr und mehr auf die Bleistiftzeichnungen verlegt ... fand sich mit der Zeit auch festgelegt, was die Erwartungen seiner besten Kunden anging, die eben solche detailreichen, großformatigen Bleistiftzeichnungen erwarteten (und erwarben), wie man sie auf seiner Homepage noch einsehen kann. Geriet Michl ins Schwärmen, und zu vorgerückter Stunde, wenn im großen, gemauerten Ofen der Stube das Holz knackte, streiften unsere Gespräche diese Thematik, und Michl hatte so etwas wie eine wiederkehrende Wendung, die in etwa 'Sehnsucht nach Farbe' lautete - und sich nach und nach wieder in seinen Bildern erfüllte: Farbe hielt Einzug, erlebte ihre Renaissance.

Dem hier fotografierten Bild "Es lebe das Land!" wohnt von alldem inne: Es ist ein mit Zimmermannsbleistift gezeichnetes Paar, Ross und Reiter, das eine Schleppe nach sich zieht, welche aus dem Weiß eines angehefteten Bogen schweren handgeschöpften Papieres nicht nur die sanfte Dünung des vorderen Bayerischen Walds nachempfindet, den Strich der Egge als Pendant zum Strich des Bleistifts, sondern mit diesem Strich eine Landschaft herausarbeitet, die, in Farbe, den Hof, seine Umgebung und einige der von Michl umgesetzten bzw. projektierten Vorhaben wiedergibt, zugleich einen Teil des historischen Hintergrundes. So findet sich zum Beispiel eine Mühle, wie es sie seit den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges mitsamt der Bleikugeln in den Balken bis in die Moderne hinein auf dem Hof gab. Auch ein Wegkreuz ist zu sehen, das Michl an einer Linde, die an einem den Hof schneidenden vergessenen mittelalterlichen Handelsweg steht, errichtete und zugleich den regional üblich Gekreuzigten einen Jesus gegenüberstellt, den man nicht unter den Toten, sondern bei den Lebenden zu suchen hat. Sein gezogener Mähdrescher ist zu finden, den er um den Alteisenpreis erstand und einsatzbereit machte, selbstverständlich in der Farbe, die früher die Claas-Mähdrescher charakterisierte und, so weiß ich, ihnen den Ruf dünnblechiger Sardinenbüchsen einbrachte, bis die Firma vom Silber zu dunklem Grün wechselte,  und dann, ohne dass die Dicke des Blechs sich geändert hatte, ihre Maschinen als robust wertgeschätzt fand.
Auch ein moderner Schlepper findet sich im Bild, den gibt es noch nicht, jedenfalls auf Michls Hof, noch nicht, aber hoffentlich bald, denn Michls altes Schnauferl machts nicht mehr lange ...

Wer immer dieses Bild kaufen wird, er wird einen authentischen, und, auch wenn man das kaum für möglich halten wird, mehr als andere Bilder autobiografischen Fuchs erstehen.

Ludwig Janssen © 12.08.2013

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja, Michls Bilder sind von einer einzigartigen Genialität geprägt von einer deratigen Detailgenauigkeit dass es einem dem Atem nimmt- vor Staunen auch vor Ergriffenheit. Schaut man in die Bilder von Michl dann wird man in ihrern Bann gezogen. Michl, wenn man ihn kennt, spieglt sein Leben, seine tiefe Gläubigkeit über die Stifte aufs Papier. Ein absolut ehrlicher Künstler und zudem ein sehr besonderer Mensch.
Eine feine absolut gelungene Hommage die Michl mehr als verdient hat.