Samstag, 13. April 2013

Das Schöne am Schreiben

Das Schöne, das mir Schöne am Schreiben hat etwas mit Harmonie zu tun und dem Tick Asymmetrie, der den Unterschied macht zwischen dem Harmonischen und dem Faszinierenden.

Sicherlich – all das ist Wahrnehmung und die bleibt auf die Subjektivität des Betrachtenden beschränkt, und wenn ich also hier vom Schönen am Schreiben fabuliere, hat das etwas von einer Reise durch den Weltraum auf der Suche nach einem zweiten bewohnbaren Planeten, auf dem man mich gastfreundlich empfangen würde.
Das Schöne am Schreiben tritt, meine ich, dann zu Tage, wenn man das, was man schreibt, veröffentlicht. Dann, und auch hier in aller Wehrlosigkeit nur seitens des Schreibers, kommt es zur Begegnung mit Fremden, die Sprache, Kultur – und, für den Augenblick, den Raum mit dir teilen.
Eine Plattform wie ein Internetforum ist in dieser Hinsicht ein zwar virtueller Raum, aber in der Begegnung Text und Leser manifestiert er sich real, realer Raum, der sogleich wieder abtaucht in die Virtualität, nicht anders ist das Vorstellungsvermögen des Lesenden.
Eine mir lange Jahre liebe Art der Begegnung meines Schreibens mit Fremden war der Poetry-Slam in der alten Mälze in Regensburg. In all ihrer Unmittelbarkeit und offenherzigen Aufnahme und auch, ja, Vergeblichkeit. Blieb doch die Begegnung oftmals beschränkt auf die fünf Minuten Vortrag, fünfzehn Sekunden An-, und, passte es (nicht: wars gut!), fünfzehn Sekunden Applaus und Abmoderation.
Was ich an diesen Adrenalin und Serotonin gefluteten Abenden besonders schätzte war, dass ich über die Stunden hinweg denen auf der Bühne einer der Fremden war und beobachten konnte. Manchmal wurde ich dann Zeuge dessen, was ich das Schöne am Schreiben nenne:

Da nimmt jemand sein Herz in die Hand!
Tritt, das Herz in der Hand, auf die Bühne und erzählt sein Schreiben. Veröffentlicht es, das Ver darin dasselbe wie in Verschenken, Verschwenden, Vergeuden - und Universum. In solchen Momenten kommt es oder auch nicht zu dem, was mit Harmonie zu tun hat und dem Tick Asymmetrie, der die zu Faszination reifen lässt. Passen Hand und Herz zueinander? Ja, es macht schon einen Unterschied, ob jemand  sich ein Herz fasst oder das Herz in die Hand nimmt! Und ja, es macht schon einen Unterschied, einen wahr … nehmbaren, ob die Hände Herz halten oder Geste. Ob das Zusammenwirken von Wort, Vortrag und Stimme, von Gestus und Ausdruck, von Intellekt und Geist nur perfekt ist oder fasziniert. Ob das Wort Ort wird oder Örtlichkeit ist, Tatort wird oder Raum, sich zu begegnen.
So sehe ich Hände, Hände, die schreiben, mit Herz darin und oder vielleicht nur Geschriebenem, sehe, ob die Hände und was sie erzählen passen zu dem, was sie halten, herhalten, teilen oder lediglich verteilen, sehe, wenns gut läuft, nur schönes Schreiben oder das Schöne am Schreiben.
Das, was uns für einen Moment das Gefühl gibt, nicht allein zu sein in dieser Welt: Begegnung. Und die, nehme ich diesem Text jeden Pathos und belasse den Wind den Segeln, ist eine zutiefst abhängige und somit fragile Variable dessen, was (nach) dem Schreiben geschehen kann, wenn man veröffentlicht, doch essentieller Teil dessen, was es ein schönes sein lässt.
Vielleicht offenbarte sich mir einen Augenblick Begegnung lang das Schöne im Schreibenden.
Ludwig Janssen © 3.10.2012

2 Kommentare:

angelface hat gesagt…

du beschreibst plastisch bildstark und wunderschön was das Schöne am Schreiben ist...
man öffnet beherzt und mutig Herz und Hand und bietet dar wie man das Schreiben verschenkt für den der ein Auge und Ohr dafür hat...

finde ich sehr schön ausformuliert

angelface von http://wokinisblog.blogspot.de/

:Ludwig hat gesagt…

Danke schön!